Immunsuppressiva

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 19.04.2021

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Synonym(e)

Immunsuppressivum

Definition

Immunsuppressiva sind eine pharmakologisch und pharmakodynamisch heterogene Gruppe von Pharmaka, die gegen bestimmte Strukturen oder Signalwege von immunkompetenten Zellen gerichtet ist. Sie supprimieren die Reaktionen des Immunsystems, um schädliche Immunreaktionen wie sie z.B. bei allergischen Reaktionen, Autoimmunerkrankungen und Transplantatabstoßungen vorkommen zu verhindern oder abzuschwächen. Dies betrifft naturgemäß auch natürliche und damit nützliche Immunreaktionen. Eine Einschränkung der Infektabwehr und unter Langzeitbehandlung, ein erhöhtes Malignomrisiko, sind die Folgen. Da Immunsuppressiva ihre Wirkungen auf unterschiedliche Weise entfalten, werden verschiedene Gruppen unterschieden:

Einteilung

Zytotoxische Immunsuppressiva

Immunsuppressiva mit hemmender Wirkung auf die antigeninduzierte T-Zell-Aktivierung

  • Ciclosporin (T-Zell-spezifischer Calcineurin-Inhibitor; bindet an das zytosolische Rezeptorprotein Cicliphilin)
  • Tacrolimus (wirkt ebenfalls als T-Zell-spezifischer Calcineurin-Inhibitor; als Reezptor fungiert das zytosolische Protein FK506-Bindungsprotein)
  • Sirolimus (ein lokaltherapeutisches Tacrolimus-Derivat hemmt die Proteinkinase mTOR)

  • Everolimus (synthetisches Derivat von Sirolimus, hemmt die Proteinkinase mTOR)

  • Glukokortikoide(Glukokortikoide (inhalative, Glukokortikoide, topische, Glukokortikoide, systemische, Glukokortikoide binden an den zytosolischen GK-Rezeptor (GKR). Der entstehende FK-GKR-Komplex führt zu einer breiten immunsuppressiv-antiphlogistisch-antiproliferativen Wirkung: Hydrocortison, Methylprednisolon, Prednisolon, Prednison, Dexamethason)
  • Abatacept (rekombinantes Fusionsprotein; bestehend aus einem modifizierten Fc-Fragment des humanen IgG und der extrazellulären Domäne des humanen zytotoxischen T-Lymphozyten-Antigens 4 CTLA4).

Immunsuppressiva mit hemmender Wirkung auf den IL-2-Rezeptor und seine Signaltransduktion: Diese Substanzen blockieren den IL-2-Rezeptor oder antagonisieren frühe (Sirolimus/Evrolimus) oder späte (z.B. Mycophenolat) Schritte auf dem Signaltransduktionsweg des IL-2-Rezeptors auf T-Zellen.

  • Basiliximab (CD25 Antikörper; CD25 = alpha-Untereinheit des IL-2-Rezeptors)
  • Daclizumab (CD25 Antikörper; CD25 = alpha-Untereinheit des IL-2-Rezeptors)
  • Mycophenolatmofetil (Inhibitor der Inosinmonophosphat-Dehydrogenase)
  • Leflunomid (hemmt über seinen wirksamen Metaboliten Teriflunomid die mitochondriale Dihydroorotat-Dehydrogenase)

Immunsuppressiva mit unklarem Wirkmechanismus

Immunologisch wirkende Immunsuppressiva. Zu dieser kleinen Gruppe von Pharmaka gehören:

  • Anti-RhD-Immunglobulin (dieser Antikörper verursacht eine Lyse von Rh+-Erythrozyten im mütterlichen Kreislauf und verhindern so die Sensibilisierung der Mutter.
  • Anti-Lymphozyten-Globuline (polyklonale Antikörper gegen eine Vielzahl von Antigenen auf T-Lymphozyten)
  • Muromonab (monoklonaler Maus-Antikörper gegen das CD3 Antikörper humaner T-Zellen.)
  • Rituximab (Monoklonaler chimärer  Mensch-Maus-Antikörper gegen das CD20-Antigen, das von unreifen und reifen B-Zellen exprimiert wird, nicht jedoch von Plasmazellen)

Unerwünschte Wirkungen

Die pharmakologische Immunsuppression v.a. nach Organtransplantationen erhöht das Krebsrisiko, insbes. des Hautkrebses. Die Inzidenz von spinozellulären Karzinomen (SCC) steigt bei Nierentransplantationen (s.u. Organtransplantationen und Hauterkrankungen) um das 65-250fache, von Basalzellkarzinomen (BCC) um das 10fache. Karzinome der Haut neigen nach Organtransplantationen zu einem aggressivem Wachstum und zur Metastasierung.

Hinweis(e)

Im Gegensatz zu den herkömmlichen, unspezifischen Immunsuppressiva richten sich Biologika gezielt gegen bestimmte Komponenten des Immunsystems, die an den pathophysiologischen Prozessen der Erkrankung beteiligt sind. 

Patienteninformation(en)

Glukokortikoide: Ihre Wirkung beruht vor allem auf einer Hemmung der Gene proinflammatorischer Zytokine. Sie unterdrücken die humorale und die zelluläre Immunantwort. Es werden weniger entzündungsfördernde Interleukine, Interferone und TNF-α freigesetzt. B-Zellen und damit die Antikörperproduktion der Plasmazellen gehemmt. Glukokortikoide werden als Teil einer immunsuppressiven Kombinationstherapie eingesetzt.

Antiproliferativa (Azathioprin, Cyclophosphamid, Methotrxat und in erweitertem Sinn auch Mycophenolatmofetil): Diese Gruppe von Immunsuppressiva entfaltet ihre Wirkung über eine Drosselung der Purinsynthese. Dadurch hemmt sie die Lymphozyten-Proliferation nach Antigen-Kontakt. Die Präparate werden vor allem als zusätzliche Medikamente zu den Basis-Immunsuppressiva verabreicht. Zu dieser Gruppe gehören u.a.:Glukokortikoide: Ihre Wirkung beruht vor allem auf einer Hemmung der Gene proinflammatorischer Zytokine. Sie unterdrücken die humorale und die zelluläre Immunantwort. Es werden weniger entzündungsfördernde Interleukine, Interferone und TNF-α freigesetzt. B-Zellen und damit die Antikörperproduktion der Plasmazellen gehemmt. Glukokortikoide werden als Teil einer immunsuppressiven Kombinationstherapie eingesetzt.

Antiproliferativa (Azathioprin, Cyclophosphamid, Mycophenolatmofetil): Diese Gruppe von Immunsuppressiva entfaltet ihre Wirkung über eine Drosselung der Purinsynthese. Dadurch hemmt sie die Lymphozyten-Proliferation nach Antigen-Kontakt. Die Präparate werden vor allem als zusätzliche Medikamente zu den Basis-Immunsuppressiva verarbreicht. Zu dieser Gruppe gehören u.a.:

  • Azathioprin (Imurek), das in der Transplantationsmedizin seit etwa 40 Jahren angewandt wird.
  • Cyclophosphamid (Endoxan®)
  • Methotrexat (hemmt in hoher Potenz das Enzym Dihydrofolat-Reduktase.
  • Mycophenolatmofetil (MMF, CellCept®). Es wird im Körper zu Mycophenolsäure umgewandelt, das die Lymphozyten-Proliferation und Antikörperbildung hemmt. Mycophenolsäure und Mycophenolatmofetil hemmen spezifisch die aktivierten B- und T- Lymphozyten.

Antikörper: Der CD3 Antikörper Muromonab ist ein monoklonaler Antikörper, der spezifisch an das CD3-Antigen der T-Zell-Rezeptoren bindet und ihn deaktiviert. Teilweise kommt es ebenfalls zur T-Zell-Lyse. CD20 Antikörper (Rituximab) CD25 Antikörper (Basiliximab und Daclizumab) blockieren den Interleukin-2-Rezeptor auf aktivierten T-Lymphozyten. Diese Antikörper werden in Kombination mit anderen Immunsuppressiva prophylaktisch bei der Nierentransplantation eingesetzt. TNF-α Antikörper (Infliximab und Adalimumab) neutralisieren TNF-α und unterbinden damit das Ausschütten von IL-1 und IL-6. Sie werden zur Behandlung chronischer Erkrankungen wie der Psoriasis vulgaris, der Psoriasis Arthropathica, bei rheumatoider Arthritis, Morbus Crohn eingesetzt. Zytokinantikörper (Ustekinomab); Ustekinomab ist ein humaner monoklonaler Antikörper, der gegen Zytokine Interleukin-12 (IL-12) und Interleukin-23 gerichtet ist. (IL-23). Makrolide

Calcineurinhemmer (Ciclosporin und Tacrolimus); Calcineurin ist ein Enzym in verschiedenen Körperzellen, unter anderem auch in den Zellen des Immunsystems. Es ist wichtig für die Signalweiterleitung in speziellen Zellen der Immunabwehr (T-Lymphozyten), wenn diese aktiviert sind. Calcineurinhemmer verhindern diese Signalweiterleitung und damit die Aktivierung des Immunsystems:

Ciclosporin: Das aus dem Pilz Tolypocladium inflatum gewonnene Polypeptid Ciclosporin blockiert spezifisch und reversibel die ruhenden Lymphozyten in der G0- oder G1-Phase des Zellzyklus. Die Substanz hemmt die Produktion und Freisetzung von Lymphokinen einschließlich Interleukin-2 oder T-Zell-Wachstumsfaktor. Pimecrolimus: Lipophiles Macrolacatam-Derivat von Ascomycin mit anti-inflammatorischen Eigenschaften. Es ist ein zellselektiver Inhibitor der Produktion und Freisetzung von pro-inflammatorischen Zytokinen. Pimecrolimus bindet mit hoher Affinität an Macrophilin-12 und inhibiert die Calicium-abhängige Phosphatase Calcineurin. Als Folge wird die Synthese von inflammatorischen Zytokinen in T-Zellen blockiert.
Tacrolimus: Stoffwechselprodukt des Pilzes Streptomyces tsukubaensis, das strukturell keine Verwandtschaft zu Ciclosporin aufweist. Die Substanz beeinflusst die zelluläre und humorale Immunantwort. Wie Ciclosporin hemmt Tacrolimus die T-Zell-Aktivierung durch hochaffine Bindung an das Zytosol-Protein FKBP12 (Macrophilin-12). Tacrolimus hemmt die Freisetzung von Entzündungsmediatoren aus Mastzellen der Haut sowie aus basophilen und eosinophilen Granulozyten. Tacrolimus wird zur Prophylaxe und Behandlung der Transplantatabstoßung (Niere, Leber) und topisch bei atopischem Ekzem eingesetzt.

Sirolimus (Rapamycin) ist ein Makrolid, das vom Actinobacterium Streptomyces hygroscopicus produziert wird. Im Gegensatz zu Ciclosporin und Tacrolimus, welche in die erste Aktivierungsphase von T-Lymphozyten eingreifen, hemmt Sirolimus den zweiten Schritt, nämlich die Signal-Transduktion und die Zellvermehrung.

Antilymphozyten-Globuline: Die polyklonalen tierischen Antikörper werden durch Immunisierung von Tieren mit Zellen des menschlichen Lymphsystems gewonnen. Eine einmalige Injektion führt zu einer ausgeprägten Lymphopenie. Daher werden sie vor allem zur Therapie von Abstoßungsreaktionen verwendet.

Literatur
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  1. Rangwala S et al. (2011) Roles of the immune system in skin cancer. Br J Dermatol 165:953-965
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Autoren

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