Angiosarkom Lymphödem assoziiertes C44.-

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 24.10.2017

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Synonym(e)

Angiosarkom bei chronischer Lymphstauung; Lymphangiosarkom; Lymphödem assoziiertes Angiosarkom; Postmastektomie-Lymphangiosarkom; Stewart-Treves-Syndrom

Erstbeschreiber

Löwenstein, 1906; Stewart u. Treves, 1948

Definition

Die ursprünglich als Lymphangiosarkom klassifizierte, seltene klinische Variante des Angiosarkoms, manifestiert sich in Gebieten chronisch persistierender Lymphödeme durchaus unterschiedlicher Genese, und neigt zur frühen Metastasierung.

Vorkommen/Epidemiologie

Selten. In der Literatur sind etwa 300 Fälle beschrieben, zumeist als Postmastektomiesyndrom. Das relative Risiko bei Mastektomierten an Lymphangiosarkom zu erkranken beträgt etwa 0,001%.

Ätiopathogenese

  • Ob die (Lymph-) Angiosarkome ihren Ausgang von Endothelzellen der Blut- oder Lymphgefäße nehmen, wird kontrovers diskutiert.
  • Ursprünglich wurde das Syndrom als Lymphangiosarkom nach Mastektomie bei Mammakarzinom definiert! Nach neueren Ansätzen wird es als seltene Spätkomplikation des chronischen Lymphödems, unabhängig von seiner Genese, aufgefasst.
  • Als Ursachen diskutiert werden u.a. posttraumatische Zustände, postoperative Genese (Postmastektomiesyndrom), postoperative Bestrahlungen, idiopathische, kongenitale oder parasitäre (z.B. bei Filariose) Genese.

Manifestation

5-30 Jahre nach der Mastektomie (durchschnittlich 10-11 Jahre). Durchschnittliches Manifestationsalter laut Fachliteratur: 65.-70. LJ.

Klinisches Bild

Derbe, zunächst hellrote, später tiefrote Erytheme, die sich zu hämorrhagischen Papeln, Plaques oder Knoten mit Tendenz zur Ulzeration weiterentwickeln. Fehlende oder nur geringe Schmerzhaftigkeit. Bei längerer Bestanddauer kommt es zu flächenhaft konfluierten, rot-lividen oder blau-lividen, derb-elastischen Plaques oder zu einer disseminierten Aussaat der Knoten über die befallene Extremität. In einem späteren Stadium Tendenz zur flächenhaften Ulzeration.

Histologie

  • Gefäßräume mit atypischen Endothelzellen; entzündliche Infiltrate, Hämosiderinspeicherung. Irregulär anastomosierende, diffus infiltrierende Gefäße.
  • Immunhistologie: UEA 1-, Vimentin- und HLA-DR-positiv.

Differentialdiagnose

Hautmetastase; AIDS-assoziiertes Kaposi-Sarkom.

Therapie

Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung gibt es keinen therapeutischen Konsensus.

Therapie allgemein

Intensive Behandlung des Lymphödems (wesentlicher prädisponierender Faktor für Angiosarkome) mit intermittierender maschineller Lymphdrainage, Kompressionstherapie, Anpassung eines elastischen Armstrumpfes.

Bestrahlungstherapie

Bei inoperablen Tumoren ohne Fernmetastasen Röntgenweichstrahltherapie (ED: 4-5 Gy; GD: 50-60 Gy) oder schnelle Elektronen (ED: 2-4 Gy; GD: 50-60 Gy).

Interne Therapie

Zytostatika: Bei operablem Tumor und Vorliegen von Fernmetastasen (z.B. Adramycin, Ifospamid), anschließend radikale Resektion des Tumors. Die Wirksamkeit von adjuvanten Therapien ist umstritten. Therapieansätze mit liposomal verkapseltem Doxorubicin (20 mg/m2 KO, Stoßtherapie alle 14 Tage) wurden als erfolgreich beschrieben. Als optionales Verfahren ist die isolierte Extremitätenperfusion anzusehen ( TNF-α, Melphalan).

Operative Therapie

Therapie der 1. Wahl ist die operative Entfernung des Tumors. Cave! Primärtumor ist häufig multizentrisch. Die Radikalität des Vorgehens wird durch das Tumorstadium bestimmt. Liegen bei Diagnosestellung noch keine Fernmetastasen vor, bietet ein radikales Vorgehen mit Entfernung der gesamten betroffenen Muskelgruppe die besten Überlebenschancen. Bei Befall der Unterarmweichteile wird die Amputation der gesamten Extremität, bei Oberarmbefall die zusätzliche Exartikulation empfohlen.

Verlauf/Prognose

Nach 1,5 Jahren überleben unabhängig von der Therapie nur etwa 50% der Patienten. Die 5 Jahresüberlebensrate betrug in einschlägigen Studien 13,6%. Unbehandelt sterben die Patienten meist nach Disseminierung und Fernmetastasen (Lungenmetastasen) nach 5-8 Monaten. Durch Behandlung steigt die Überlebenszeit auf 20 Monate.

Literatur
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  2. Goetze S et al. (2004) Erfolgreiche Therapie eines Stewart-Treves-Syndroms mit liposomal verkapseltem Doxorubicin. JDDG 2: 49-52
  3. Harrison WD et al. (2015) Stewart-Treves syndrome following idiopathic leg lymphoedema: remember sarcoma. J Wound Care 24(6 Suppl):S5-7.
  4. Komorowski AL et al. (2003) Angiosarcoma in a chronically lymphedematous leg: an unusual presentation of Stewart-Treves syndrome. South Med J 96: 807-808
  5. Löwenstein S (1906) Der ätiologische Zusammenhang zwischen akutem einmaligem Trauma und Sarkom. Beitr Z klin Chir 48: 780
  6. Mentzel T et al. (2002) Tumors of the lymphatic vessel of the skin and soft tissue. Pathologe 23: 118-127
  7. Nakamura Y et al. (2015) Long term control of pleural metastasis in Stewart-Treves syndrome with single-agent chemotherapies followed by maintenance chemotherapy. JDDG 13: 818-820
  8. Pitche P et al. (2002) Stewart-Treves' syndrome: long term survival] Ann Dermatol Venereol 129: 236-237
  9. Stewart FW, Treves N (1948) Lymphangiosarcoma in postmastectomy lymphedema: a report of 6 cases in elephantiasis chirurgica. Cancer 1: 64-81
  10. Tse TS, Cooper LT (2001) Images in vascular medicine. Stewart-Treves angiosarcoma. Vasc Med 6: 267-268

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