Pockenschutzimpfung

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 03.06.2022

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Synonym(e)

small pox vaccination

Definition

Präexpositionell: Impfung mit Vakzinevirus durch Anlegen von 2 kleinen Einschnitten in die Haut mit einer in Lymphe eingetauchten Impflanzette. Es besteht keine Impfpflicht mehr (Gesetz zur Schutzimpfung 1982 aufgehoben). Erstimpfung (mit etwa 2 Jahren) am rechten Oberarm: Normale Impfreaktion: Am 3. Tag Fleck; 4. Tag: Papel mit Aula; 5. Tag: Bläschen; 6. Tag: Pustel mit Area. Nach dem 12. Tag Eintrocknung; Borke, die nach 3 Wochen abfällt. Ausbildung einer varioliformen Narbe. Revakzination (nach 10 Jahren) am linken Oberarm, rascherer Ablauf der Impfreaktion.

Postexpositionell: Verlauf s.o. Eine postexpositionelle Impfung (möglichst innerhalb von 4 Tagen nach Exposition) für alle Kontaktpersonen ist notwendig! Deren Effektivität hängt vom Zeitpunkt der Impfung nach erfolgter Exposition ab und sollte möglichst frühzeitig erfolgen. Eine Erkrankung kann nicht immer verhindert werden, aber die Abschwächung des Erkrankungsverlaufs ist möglich. Oft ist die Virusausscheidung beim Geimpften vermindert.

Allgemeine Definition

Obgleich eine Bedrohung durch Pocken im Rahmen von Biowaffeneinsätzen in Europa nicht auszuschließen ist, gibt es bislang keine gesetzlichen Grundlagen zur Wiederaufnahme präexpositioneller Pockenschutzimpfungen in Deutschland. Andere Länder (USA; Israel) haben jedoch begonnen, Militärangehörige, in Krisengebieten tätige Personen, Entscheidungsträger der Staatsverwaltung u.a. in ein Pockenschutzprogramm aufzunehmen.

Zurzeit stehen in den Impfreserven der Bundesregierung beim Bundesamt für Sera und Impfstoffe mehr als 60-100 Mio. Impfstoffdosen zur postexpositionellen Impfung zur Verfügung. Es handelt sich um den gleichen Impfstamm, mit dem Ende der Siebzigerjahre die Pocken ausgerottet wurden.

Der Pockenschutzimpfstoff wird aus lebenden lyophilisierten Vaccinia-Viren hergestellt (eng verwandt mit dem Variola verum Virus). Das Paul-Ehrlich-Institut, als zuständiges Bundesamt für Sera und Impfstoffe, hat experimentell geprüft, dass dieser Impfstoff unverändert die Anforderungen erfüllt, die die WHO zu Zeiten der Eradikationskampagne an die Wirksamkeit von Pockenimpfstoffen gestellt hatte.

Wirkungen

Impfschutz nach präexpositioneller Pockenschutzimpfung beträgt ca. 3 (1-10) Jahre.

Indikation

Eingeschränkte Indikation bei Personen > 65 Jahre. Bei überaltertem Erstimpfling meist Vorimpfung mit Vaccinia-Antigen erforderlich.

Kontraindikation

Präexpositionell: U.a. Immunsuppression, HIV-Infektion, Schwangerschaft, atopisches Ekzem; diese sind jedoch im individuellen Fall gegen das Erkrankungsrisiko abzuwägen.

Postexpositionell: Im individuellen Fall gegen das Erkrankungsrisiko abzuwägen.

Allergie gegen Inhaltstoffe des Pockenimpfstoffes (Polymyxin B, Streptomycin, Chlortetracyclin, Neomycin, Glycerol, Phenol)

Hinweis(e)

  • Maßnahmen nach Impfung: Geimpfte müssen angewiesen werden:
    • Impfstelle bis zum Abfallen der Pustel nicht zu berühren.
    • Impfstelle bis zum Eintrocknen mit Mullgaze und einem darüberliegenden T-Shirt oder Ähnlichem abzudecken, da das Impfvirus durch direkten Kontakt (Berühren der Impfstelle durch Dritte) auf Ungeimpfte übertragen werden kann.
    • Impfstelle mit einer hautfreundlichen Folie abzudecken, insbesondere bei Arbeitsbedingungen mit körperlichen Kontakt zu anderen Personen.
    • Täglich Verbandwechsel durchzuführen und gebrauchtes Verbandsmaterial in einem wasserdichten Plastikbeutel zu entsorgen.
    • Impfstelle bis zum Austrocknen nicht waschen, duschen oder baden.
    • Kein Schwimmbad- oder Saunabesuch bis 3 Wochen nach erfolgter Impfung.
    • Nach Berührung der Impfstelle sofort die Hände zu waschen, besser mit einem Desinfektionsmittel des Wirkbereichs B (z.B. Sterillium Virugard) zu desinfizieren.
    • Kleidungsstücke, Handtücher, Bettwäsche, die mit der Impfstelle in Berührung gekommen sollten zur Sicherheit gewaschen werden (Kochwäsche).
    • Gegenstände (z.B. Duschgel, Seife), die mit der Impfstelle oder den Waschvorgang in Berührung gekommen sind sollten mit einem Desinfektionsmittel (z.B. Sterilium Virugard) desinfiziert werden.
  • Lagerung des Impfstoffes: Der Pockenimpfstoff ist bei -20 °C Lagerung viele Jahre haltbar. Das Lösemittel (Solvens) und die für die Impfung verwendeten Kanülen, Lanzetten oder Bifurkationsnadeln können bei Raumtemperatur aufbewahrt werden. Bifurkationsnadeln (zweizackige Impfnadeln) sind so aufgebaut, dass sie durch einmaliges Eintauchen in die Impfflüssigkeit genau 0,0025 ml Impfserum aufnehmen (Kapillarkräfte). In den Impfzentren genügen Kühlschranktemperaturen von 4 °C, wenn der Impfstoff innerhalb von vier Wochen aufgebraucht wird. Der gelöste Impfstoff soll vor Gebrauch auf Raumtemperatur erwärmt sein. Bereits rekonstituierter (aufgelöster) Impfstoff soll ebenfalls bei 4 °C gelagert werden und muss innerhalb eines Tages verwendet werden. Nicht gebrauchter Impfstoff in angebrochenen Ampullen muss am Ende des Arbeitstages verworfen werden.

Cave! Damit der Impfstoff nicht in seiner Wirkung beeinträchtigt wird, müssen zur Desinfektion der Impfstelle verwendete alkoholische Desinfektionsmittel (Wirkstufe A) auf der Haut bereits sicher getrocknet sein, bevor mit der Impfung begonnen wird. Keine alkoholhaltigen Desinfektionsmittel mit speziellem viruzidem oder virustatischem Spektrum (z.B. Sterilium Virugard) verwenden.

Literatur
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  1. Bartlett JG (2003) Smallpox vaccination and patients with human immunodeficiency virus infection or acquired immunodeficiency syndrome. Clin Infect Dis 36: 468-471
  2. Bartlett J et al. (2003) Smallpox vaccination in 2003: key information for clinicians. Clin Infect Dis 36: 883-902
  3. Grist NR (2003) Smallpox and vaccination. Lancet 5: 1228
  4. Lane JM et al. (2003) Evaluation of 21st-century risks of smallpox vaccination and policy options. Ann Intern Med 138: 488-493
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