Lesch-Nyhan-Syndrom E79.10

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 01.01.2021

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Synonym(e)

Automutilationssyndrom; Autophagie; HGPRT-Mangel; Hyperurikämie-Syndrom; Hypoxanthin-Guanin-Phospho-Ribosyl-Transferase-Mangel

Erstbeschreiber

Catel u. Schmidt, 1959; Lesch u. Nyhan, 1964

Definition

X-Chromosomal-rezessiv vererbte Störung des Purinstoffwechsels, u.a. mit Hautveränderungen, Nephrolithiasis, Intelligenzdefekten u. Selbstverstümmelungstendenz.

Vorkommen/Epidemiologie

Inzidenz: 1/100.000 Einwohner/Jahr.

Ätiopathogenese

X-chromosomal-rezessiv vererbtes Fehlen der Hypoxantin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase in den Zellen mit stark erhöhter Harnsäurebildung und Autophagie. Als Ursache diskutiert werden Mutationen im Gen, das für das Enzym HGPRT kodiert (Genlokus: Xq26-q27.2). Pathogenetisch handelt es sich um eine Störung im Aufbau von Purinkörpern. Folgen sind vermehrte Harnsäureproduktion sowie Harnsäureeinlagerung in verschiedene Organen, basale Hirnganglien, Gelenk und Nieren.

Klinisches Bild

  • Integument: Ulzerierende oder verkrustete Hautdefekte als Folge von Automutilationen in Form von Autophagie, insbes. an Lippen, Händen, Fingern usw.
  • Extrakutane Manifestationen: Gichtknötchen (Ohrknorpel, Gelenke u.a.), Nephrolithiasis (Uratsteine), Hämaturie, Gichtarthritis, Oligophrenie, Entwicklungsverzögerung, Nystagmus. Schwere geistige Behinderung mit Spastizität, Hyperreflexie, Klonus, positivem Babinski-Reflex, Choreoathetose, Hyperkinesie- und Hyperpyrexie-Anfällen, Akroosteolyse.

Labor

Harnsäure 5–15 mg/dl; Hyperlipidämie, fehlende HGPRTase, sekundäre Anämie.

Diagnose

Pränatale Diagnose durch Nachweis fehlender Enzymaktivität (HGPRT-Aktivitätsmessung) aus Fruchtwasserzellen und Chorionvilli (oder molekulargenetisch durch direkten Mutationsnachweis) möglich. Pränatale Diagnose bereits im präimplantativen (8-Zell-) Stadium durchgeführt!

Differentialdiagnose

Idiopathische geistige Retardierung; Epilepsie mit unwillkürlichen Verletzungen; Cornelia-de-Lange-Syndrom; Möbius-Syndrom; Pseudo-Lesch-Nyhan-Syndrom.

Komplikation(en)

Nierenversagen

Therapie

Kausale Therapie nicht bekannt, Allopurinol wegen Hyperurikämie.

Verlauf/Prognose

Tod meist um das 10. Lebensjahr im Rahmen der Organschäden bei Hyperurikämie und Harnsäurekristallablagerungen.

Literatur
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  1. Catel W, Schmidt J (1959) Über familiäre gichtische Diathese in Verbindung mit zerebralen und renalen Symptomen bei einem Kleinkind. Dtsch med Wschr 84: 2145–2147
  2. Ghei M et al. (2002) Pathogenesis of hyperuricemia: recent advances. Curr Rheumatol Rep 4: 270-274
  3. Gibbs D et al. (1984) First-trimester diagnosis of Lesch-Nyhan syndrome. Lancet II: 1180
  4. Lesch M, Nyhan WL (1964) A familiar disorder of uric acid metabolism and central nervous system function. Am J Med 36: 561–570
  5. Robey KL et al. (2003) Modes and patterns of self-mutilation in persons with Lesch-Nyhan disease. Dev Med Child Neurol 45: 167-171

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