Organtransplantationen, Hautveränderungen

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Co-Autor: Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.11.2017

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Synonym(e)

Organtransplantierte

Definition

Bei allogenen Transplantaten ist eine dauerhafte Immunsuppression notwendig, um Abstoßreaktionen zu vermeiden. I. A. werden bestimmte Kombinationen von Medikamenten appliziert. Zur Induktionstherapie stehen Immunsuppressiva wie Ciclosporin, Tacrolimus, Azathioprin, Mykophenolat, Glukokortikoide sowie auch Antithymozytenglobulinantikörper in unterschiedlichen Kombinationen zur Verfügung. Als Basistherapie wird regelhaft eine Dreifach-Kombination aus Glukokortikoiden, Calcineurin-Inhibitoren (Ciclosporin, alternativ Tacrolimus, alternativ Sirolimus) sowie Azathioprin (alternativ Mykophenolat-Mofetil) appliziert. Bei Langzeittransplantierten wird die Medikation i.A. auf zwei Wirkprinzipien reduziert.

Einteilung

Grundsätzlich sind Transplantatempfänger von 2 Nebenwirkungsszenarien bedroht: Infektionen (60-90% aller organtransplantierter Patienten sind von bakteriellen, mykotischen und viralen Hautinfektionen betroffen (s.u. Infektionen, opportunistische). Häufig werden nach Organtransplantationen schwer oder atypisch verlaufende Krankheitsbilder beobachtet, die durch die Immunsuppression  -herabgesetzte T-Zell-vermittelte Immunantwort - begünstigt werden):

Tumorerkrankungen: Der "Nonmelanoma Skin Cancer" ist die häufigste Neubildung bei Organtransplantierten.

    •  Kaposi Sarkom der Haut
    •  Basalzellkarzinom
    •  Karzinom, kutanes
    •  Lymphoproliferative Erkrankung nach Transplantation (PTLD); s.u. Lymphom der Haut.

Manifestation

Bakterielle Infektionen

  • Innerhalb des 1. Monats herrschen perioperative oder nosokomiale Infektionen vor. In dieser Phase rezidivierender Infekte rücken Antibiotika-resistente Bakterienstämme in den Vordergrund: Vancomycin-resistente Enterokokken; Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA).
  • Einzelne Fallberichte über ein Staphylococcal Scalded Skin Syndrome oder eine Toxische epidermale Nekrolyse (TEN) liegen bei Lebertransplantationen vor.
  • Das Spektrum der bakteriellen Infektionen reicht von der Impetigo contagiosa über follikuläre Pyodermien (z.B. eitrige Follikulitiden oder Furunkel), Ekthymata und Erythrasma.
  •  Erysipele werden meist erst einige Jahre nach der Transplantation beobachtet. Nicht selten werden dann schwere Verlaufsformen mit hämorrhagischen, abszedierenden oder nekrotisierend - gangränösen Verläufen beobachtet (z.B. nekrotisierende Fasziitiden).
  • Auch untypische Hautinfektionen durch  Escherichia coli (z.B. Follikulitis, gramnegative) sind bei Organtransplantierten nachzuweisen.
  •  Nocardiose: Innerhalb eines 3 Jahreszeitraumes entwickelten bis 4% der Organempfänger  Infektionen durch N. asteroides.  Sie manifestieren sich in der Haut durch subkutane Abszesse sowie durch Knoten.

 Atypische Mykobakteriosen sind eher selten. Klinisch finden sich phlegmonöse Prozesse, Ulzera, abszedierende Knoten, Granulombildungen.

  • Nach 6 Monaten und später; schrittweise Reduktion der Immunsuppression, allmähliche Normalisierung der immunologischen Antwort mit "normalem Verlauf" der Infektionen.

Virale Infektionen

  • 50% aller Knochenmarkstransplantierten und 30% aller Organtransplantierten zeigen eine Reaktivierung von HHV 6. Diese Infektionen bleiben klinisch meist inapparent. Vereinzelt werden uncharakteristische Exantheme beobachtet.
  • 30-40%  aller Organtransplantierten zeigen innerhalb der ersten 3 Wochen eine Reaktivierung von Herpes-simplex-Virus-Infektionen. Klinische Manifestation sind ausgedehnte oder auch nekrotisierende orolabiale oder genitoanale Herpes simplex Erkrankungen, Disseminierung der HSV-Infektionen mit Pneumonie, Hepatitis oder Enzephalitis mit potenziell tödlichem Verlauf ist möglich.
  • In den ersten 6 Monaten (später als HSV und CMV) werden bei 10-30% der Organtransplantierten Zoster-Infektionen beobachtet. Die Infektionen werden häufig durch Einblutungen und/oder großflächige Nekrosen oder Generalisierung ( Zoster generalisatus) kompliziert. Bei Immunkompetenten unübliche Zosterrezidive sind bei Organtransplantierten möglich. Systemische Ausbreitung der Zosterinfektion kann zu lebensbedrohlichen Komplikationen mit Pneumonie, Vaskulitis, intravasaler Gerinnung, ZNS-Beteiligung, Hepatitis und Pankreatitis führen.
  •  Polyomavirus-Infektionen sind nach Organtransplantationen etwa 20x häufiger als Zytomegalievirus (CMV)-Infektionen. Als Hautmanifestation durch Polyomaviren sind Merkelzell-Karzinome bekannt.
  • Zytomegalievirus (CMV)-Infektionen nach Organtransplantationen können mononukleoseartige Symptome mit Fieber, Leukopenie, morbilliforme Exantheme oder Vaskulitiden hervorrufen. Charakteristisch für die CMV-Infektion bei Immunsupprimierten sind großflächige genitoanale Ulzera, aber auch Ulzera an der Zunge. Weitere wichtige virale Hautmanifestationen sind:
  • HPV-Infektionen (s.u. Papillomaviren, humane)  z.B. ausgedehnte Verrucae vulgares oder Condylomata acuminata.
  • Molluscum contagiosum Viren: s.u. Molluscum contagiosum.
  •  Epstein-Barr-Virus-Infektionen: Posttransplant-Lymphome (post-transplant lymphoproliferative disorder - PTLD); meist handelt es sich um Non-Hodgkin-Lymphome (Primär kutane Lymphome - v.a. T-Zell-Lymphome - sind in Einzelfällen beschrieben worden). 
  • HHV-8-Infektionen: S.u. Kaposi-Sarkom. .

  Dermatomykosen

  • Die wichtigsten transplantationsassoziierten Pilzinfektionen der Haut sind Candida-InfektionenDermatophyten-Infektionen (> 60% der nierentransplantierten Patienten erkranken an einer Tinea)  und Infektionen durch Malassezia furfur. Bemerkenswert ist die hohe Inzidenz der Pityriasis versicolor (<35%), v.a. bei Nierentransplantierten.
  • Mukokutane Candidainfektionen ( Candida albicans) findet man meist im 1. Jahr nach der Transplantation. Sie werden bei etwa 10% der Transplantierten beobachtet.
  • Systemische Mykosen: Bei etwa 10% der Immunsupprimierten sekundärer, hämatogen induzierter dermaler Befall durch Candida- sowie durch Aspergillus-Spezies (disseminierte Aspergillose). 
  • Seltene Mykosen, hervorgerufen durch Mucorarten (s.u. Mucormykosen), Phäohyphomyzeten (s.u. Phäohyphomykose), Alternaria (s.u. Alternariose, kutane) oder durch Wangiella dermatitides werden beobachtet.
  • Organtransplantierte haben ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Infektion durch Cryptococcus neoformans.

Maligne Erkrankungen

  • Nonmelanoma Skin Cancer: Organtransplantierte haben im Vergleich zur Normalbevölkerung ein etwa 250fach erhöhtes Risiko Carcinomata in situ vom Typ der aktinischen Keratosen, und ein etwa 100fach erhöhtes Risiko, invasive Plattenepithelkarzinome zu entwickeln. Hierbei dreht sich das Verhältnis Basalzellkarzinom/invasives Plattenepithelkarzinom von 3:1 bei der Normalbevölkerung zu 1:4 bei Organtransplantierten. Art und Weise der medikamentösen Immunsuppression beeinflussen entscheidend die Inzidenzrate. Das Risiko steigt mit Mehrfachkombinationen. Azathioprin wurde in einer Studie mit dem höchsten Risiko belegt (8,8fach), gefolgt von Kortikosteroiden (3,9 fach). Kumulativ wirken UV-Bestrahlungen und heller Hauttypus.  

Sonstige entzündliche Erkrankungen

  • Psoriasis vulgaris: Hierüber existieren keine validen Daten. Die Erfahrungen zeigen jedoch unter langdauernder immunsuppressiver Therapie eher eine Verschlechterung der Erkrankung (s.hierzu Fallbericht unter Psoriasis vulgaris). 

Literatur
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  1. Diepgen TL (2010) Hautkrebsrisiko bei Immunsuppression. Dermatologie in Beruf und Umwelt. 58: 178-184
  2. Ulrich C et al. (2008) Hautinfektionen bei organtransplantierten Patienten. JDDG 6: 98-105

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