Ehrlichiosen A28.8 oder A79.8

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

Co-Autor: Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 30.09.2022

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Synonym(e)

Humane monozytäre Ehrlichiose; Sennetsu-Fieber

Erstbeschreiber

Donatien u. Lestoquard (Beschreibung von Ehrlichia canis), 1935; Gordon (Beschreibung von E. phagocytophila), 1940; Moshkovski, 1945; Tachibana, 1986

Definition

Meist durch Zecken übertragene, durch Ehrlichia-Arten ausgelöste bakterielle Infektionskrankheit.

Erreger

  • Ehrlichia-Arten sind obligat intrazelluläre, gramnegative Bakterien aus der Familie der Rickettsiaceae. Die verschiedenen Arten haben im Laufe der Evolution eine spezifische Zellaffinität entwickelt. Einige leben ausschließlich in Granulozyten, andere nur in Monozyten. E. platys, eine Art, die beim Menschen bislang nicht vorkommt, lebt in Thrombozyten.
  • Ehrlichien sind 0,5 µm im Diameter kleine, obligat intrazelluläre kokkobazilläre Stäbchen, mit manchmal elipsoider und polymorpher Erscheinung.
  • Übertragung durch Zecken: Amblyomma americanum, Dermacentor variabilis, Ixodes scapularis, Ixodes pacificus, Ixodes ricinus, Ixodes dammini.
  • Doppel- bzw.Dreifachinfektionen mit Borrelien und Babesien möglich.
  • Ehrlichia sennetsu lebt natürlicherweise in Fischparasiten und wird oftmals durch Genuss von rohem Fisch übertragen.
  • Ehrlichien zeigen einen Tropismus for mononukleäre Zellen und vermehren sich dicht gepackt in membranumschlossenen Zytosplasma-Vakuolen. Bei weiterer Vermehrung bilden sich charakteristische Morulen, die aus aneinanderklebenden Vakuolen maulbeerähnlich zusammengesetzt sind.
  • Ehrlichien befallen Pferde, Schafe, Ziegen, Rinder, Bisons, Hirsche, Schakale, Weißfußmäuse, Hunde und Menschen.
  • Ausnahmen: Anaplasma phagocytophilum (zuvor Ehrlichia equi und phagocytophila) als Auslöser der humanen granulozytären Anaplasmose. Sie wurden früher zu den Ehrlichiosen gezählt. Die Erreger leben obligat intrazellulär in Granulozyten, wo sie sich in zytoplasmatischen Vakuolen vermehren.

Einteilung

Man unterscheidet bei Infektionen am Menschen insbes. Ehrlichia sennetsu (Sennetsu-Fieber) und Ehrlichia chaffeensis (Humane monozytäre Ehrlichiose).

Vorkommen/Epidemiologie

  • E. sennetsu. westliches Japan und Südostasien.
  • E. chaffeensis: USA, Südamerika, Europa, Afrika.

Manifestation

Zu 80% sind Männer befallen.

Klinisches Bild

  • Bei Übertragung durch Zeckenstich zeigt sich geringer Juckreiz an der Einstichstelle, zuweilen ist der braunrote bis schwarze runde Zeckenkörper noch nachweisbar.
  • Sennetsu-Fieber: Inkubationszeit 9 Tage, Fieber, Schüttelfrost, Unwohlsein, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, generalisierte Lymphadenopathie, vor allem im Hals und Nacken, eventuell Spleno- und Hepatomegalie. Die Krankheit verläuft selbstlimitierend.
  • Humane monozytäre Monozyten-Ehrlichiose: Fieber (bei 97% der Fälle), Kopfschmerzen (80%), Glieder- und Gelenkschmerzen (70%), Myalgien, Anorexie, Übelkeit, Erbrechen, infektiöses makulo-papulöses Exanthem (ca. 30-40% der Fälle), eventuell Pneumonie, Husten, Diarrhoen, Lymphadenopathie (25%), Abfall des Hämatokrits, Panzytopenie mit starker Thrombozytopenie (70%), Leukozytopenie (60%) in den ersten 3-7 Tagen, Lymphozytose in der 2. Woche, Transaminasenanstieg (86%).
  • Humane granulozytäre Ehrlichiose (Anaplasmose): 67-75% aller Infektionen verlaufen asymptomatisch. Inkubationszeit: 5-30 Tage. Fieber (100% der symptomatischen Fälle) und grippeähnliche Symptomatik mit Kopf-, Glieder-, Muskel- und Gelenkschmerzen, selten Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe, trockener Husten und infektiöses makulo-papulöses Exanthem (2-3% der Fälle). Leukopenie (50%), Thrombopenie (92%), Transaminasenanstieg (91%). Selten Panzytopenien.

Labor

  • Abfall des Hämatokrits, Panzytopenie mit starker Thrombozytopenie, Leukozytopenie in den ersten 3-7 Tagen, Lymphozytose in der 2. Woche.
  • Erhöhte Aspartase- und ALT-Werte.

Diagnose

  • Mikroskopie des Blutes und des Knochenmarks mit Nachweis von Morulen.
  • QBC: Buffy coat Mikroskopie.
  • Indirekte Fluoreszenz-Antikörper-Nachweis.
  • PCR mit Nachweis von DNA.

Komplikation(en)

Therapie

Tetracyclin (z.B. Tetracyclin-ratiopharm) 4mal/Tag 500 mg p.o. oder Doxycyclin (z.B. Doxycyclin AL) 1,5 bis 2 mg/kg KG/Tag bzw. 1mal/Tag 200 mg p.o. über 14 Tage werden als ausreichend angesehen. Alternativ: Rifampicin 10 mg/kg KG/Tag (maximal 600 mg/Tag) für 7-10 Tage. Ggf. Therapie bis zur Normalisierung des Blutbildes. Grundsätzlich nicht wirksam sind Penicilline und Cephalosporine (keine pharmakologische intrazelluläre Angriffspunkte).

Verlauf/Prognose

  • Humane monozytäre Monozyten-Ehrlichiose: Letalität: bis 2%.
  • Humane granulozytäre Monozyten-Anaplasmose: Letalität: 2-3%.

Prophylaxe

Zeckenschutz und -bekämpfung.

Tabellen

Ehrlichia-Arten mit vorwiegend terrestrischer Verbreitung

Vektoren

Wirte/befallene Arten

Zellaffinität

HGE-Agent

Ixodes-Zecken

Menschen

Granulozyten

E. pahgozytophilia

Ixodes-Zecken

Huftiere

Granulozyten

E. equi

Ixodes-Zecken

Pferde, Menschen

Granulozyten

E. chaffeensis

Amblyomma-Zecken

Menschen, Hirsche

Monozyten

E. canis

Hämaphysialis und Riphicephalus-Zecken

Hunde

Granulozyten

E. ewingii

Zecken

Kaninchen

Granulozyten

E. platys

Zecken

Hunde

Thrombozyten

Ehrlichia-Arten mit vorwiegend aquatischer Verbreitung

E. sennetsu

Trematoden in rohem Fisch (peroraler Infektionsweg)

Menschen

Monozyten

E. resticii

Zerkarien (Befall durch peroralen Infektionsweg oder beim Baden in Zerkarien-verseuchten Gewässern)

Pferde, Hunde

Monozyten

NeoReckettsia helminthocea

Helminthen in rohem Fisch (peroraler Infektionsweg)

Hunde, Bären, Menschen

Literatur
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  1. Ismail N et al. (2017) Tick-Borne Emerging Infections: Ehrlichiosis and Anaplasmosis. Clin Lab Med 37:317-340.

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