Hand-Fuß-Syndrom T88.7

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.06.2023

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Synonym(e)

Akrales Erythem; Burgdorf-Syndrom; Erythrodysaesthesia palmoplantaris; Erythrodysaesthesie; Erythrodysästhesie; Erythrodysesthesia palmoplantaris; Fixed erythrodysaesthesia Plaque; Hand-Foot-Syndrom; Hand-Foot-Syndrome; Palmar and plantar erythrodysaesthesia; Palmar and plantar Erythrodysesthesia; Palmo-plantare Erythrodysästhesie; Palmoplantare Erythrodysästhesie

Erstbeschreiber

Zuehlke, 1974

Definition

Zytostatika-assoziierte schmerzhafte, scharf begrenzte, ödematöse Erytheme von Palmae und Plantae unter oder nach einer Chemotherapie, die zu einer deutlichen Reduktion der Lebensqualität führt. Häufiges Auftreten (bis zu 42% aller Zytostatika-Patienten) wurde u.a. bei Anwendung folgenden Chemotherpeutika beobachtet:

Einteilung

Man unterscheidet bezüglich des klinischen Verlaufes:

  • progredienter Verlauf
  • selbstlimitierender Verlauf.

Einteilung der Nagelveränderungen unter Chemotherapie (Common Terminology Criteria for Adverse Events Version 4.03):

  • Grad 1 (mild): Nagelveränderugen ohne funktionelle Beeinträchtigung
  • Grad 2 (mäßig): Teilweise oder vollständiger Verlust der Nagelplatte, Schmerzen im  Nagelbett.
  • Grad 3 (schwer): Ausgeprägte Nagelveränderungen, die Verrichtungen des täglichen Lebens behindern und ein intravenöse oder chirurgische Therapie erfordern.

Ätiopathogenese

Dosisabhängige (sowohl hinsichtlich der max. Wirkstoffkonzentration als auch der kumulativen Gesamtdosis), toxische Wirkung von Zytostatika. Bestimmte Triggerfaktoren wie Druck- und Scherkräfte, Ausscheidung können die Symptomatik verstärken. 

Nachgewiesen wurde die Ausscheidung von best. Chemotherapeutika über die Schweißdrüsen. Spreiteffekte könnten zu einer Penetration in das Stratum corneum und folglicher toxischer Schädigung führen. Dieser Pathomechanismus würde den bevorzugten Befall der Schweißdrüsen-reichen Handflächen und Fußsohlen erklären. 

Für eine toxische Schädigung der Schweißdrüsen spricht der Nachweis eines histologischen Phänomens und zwar der "ekkrinen squamösen Syringometaplasie", das als reaktive Proliferation der ekkrinen Schweißdrüsen nach unterschiedlichen  Schädigungen verstanden wird.     

Manifestation

Patienten die mit Zytostatika behandelt wurden; Auftreten bei nahezu 40% der Fälle. Die Symptome können sowohl wenige Stunden nach Beginn der Chemotherapie aber auch erst Monate danach auftreten. Keine Geschlechts- oder Altersbevorzugung. Zunächst treten palmo-plantare Dysästhesien auf, gefolgt von brennenden Schmerzen, Schwellungen und tiefrote Erytheme. Es kann zur flächigen Ablösung der Hornschicht kommen. Selten sind Ulzera.

Differentialdiagnose

Therapie allgemein

Bewährt hat sich das zeitlich begrenzte Abkühlen der Hände und Füße während der Therapiephase. Weiterhin: Dosisreduktion der zytostatischen Therapie oder eine angepasste Therapieunterbrechung sind die zentralen Therapieelemente. 

Externe Therapie

Lokale Kühlung der befallenen Areale (Kühlpads).

Weiterhin symptomatische Behandlung mit steroidalen Externa (mäßiger Erfolg).

Eröffnung großer Blasen.

Einige Autoren berichten über gute Erfolge mit einer "antioxidativ wirksamen" Creme  (Mapisal).

Bei Ausbildung größerer Hautdefekte adäquate Wundbehandlung.

Verlauf/Prognose

Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann es zur Ablösung der Hornschicht kommen. Eine Abheilung erfolgt nach Absetzen des Zytostatikums. 

Hinweis(e)

Wahrscheinlich sind das Hand-Fuß-Syndrom und die Erythrodysaesthesia palmoplantaris indentische Krankheitsbilder mit unterschiedlich ausgeprägter Schädigungssymptomatik.

Praktische Konsequenz können Verlust oder Veränderungen des Daktylogramms nach einem Hand-Fuß-Syndrom haben, wenn sich das Printmuster der Finger so verändert, dass Fingerprint-Analyzer (z.B. auch am Handy) das Printmuster nicht mehr erkennen kann. 

Als eine Sonderform des Hand-Fuß-Syndroms nach einer Therapie mit Taxanen, wurde das PATEO-Syndrom (PATEO = Akronym für: Periarticular Thenar Erythema and Onycholysis Syndrome) beschrieben (Rzepecki AK et al. 2018).

Als Minusvariante ist die "Fixe erythrodysästhetische Plaque" anzusprechen, die in einem scharf begrenzten Areal eine analoge Symptomatik zeigt (wurde u.a. beobachtet nach Injektion von Doxitaxel; Hinweis: auf diese gesonderte Bezeichnung kann verzichtet werden, da identischer Pathomechanismus). 

Literatur
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  1. Autier J (2008)  Prospective study of the cutaneous adverse effects of sorafenib, a novel multikinase inhibitor. Arch Dermatol 144: 886-892
  2. Chew L et al. (2009) Cutaneous reaction associated with weekly docetaxel administration. J Oncol Pharm Pract 15:29-34.
  3. Chu CY et al. (2002) Fixed erythrodysaesthesia plaque due to gemcitabine and epirubicin treatment. Acta Derm Venereol 82:147-148. 
  4. Jung S et al. (2015) Aktuelle Entwicklungen in der Prävention und Therapie des Hand-Fußsyndroms. Akt Dermatol 41: 77-80 
  5. Lassere Y et al. (2004) Management of hand-foot syndrome in patients treated with capecitabine (Xeloda). Eur J Oncol 13: 566-575
  6. Marini A et al. (2007) Hand-Fuß-Syndrom bei einem Patienten unter Capecitabin-Therapie. Hautarzt 58: 532-537
  7. Palaniappan M et al. (2014) Anticancer drug induced palmar plantar erythrodysesthesia. J Clin Diagn Res doi: 10.7860/JCDR/2014/9133.4975
  8. Rzepecki AK et al. (2018) PATEO syndrome: periarticular thenar erythema with onycholysis. Acta Oncol 57:991-992.
  9. Sauter C et al. (2007) Unilaterale Nekrosen als Abortivform einer palmoplantaren Erythrodysästhesie. Hautarzt 58: 619-622
  10. Wiedemann M et al. (1992) Erythrodysaesthesia palmoplantaris - Vorkommen von zwei klinischen Erscheinungsbildern? Z Hautkr 67: 1070-1072

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