Schultze, Walter Robert

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 03.09.2023

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Biographische Angaben

(¤ 1893, † 1970) Dermatologe, dermatologische Ausbildung an der Universitäts-Hautklinik Gießen. 1925 Habilitation. 1929 Ernennung zum außerordentlichen Professor in Gießen. 1934 kurzzeitige klinische Leitung der Universitäts-Hautklinik in Frankfurt am Main. 1934, als Nachfolger von Bodo Spiethoff, Ernennung zum ordentlichen Professor an der Universität Jena. 1935 wurde er als Nachfolger von A. Jesionek auf den dermatologischen Lehrstuhl der Universität Gießen berufen. Die Erteilung des Gießener Ordinariats an Schultze wurde damit begründet, dass er "politisch am Eindringen der Revolution in den Bereich der Hochschule entscheidend mitbeteiligt gewesen" sei. In Gießen wurde er lokaler Führer des Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbundes (NSDDB) und Leiter der Dozentenschaft. Außerdem war Schultze nationalsozialistischer "Vertrauensmann" an der Universität und Mitglied im NS-Ärztebund. 1944 gehörte er dem wissenschaftlichen Beirat des Bevollmächtigten für das Gesundheitswesen an. Schultzes negative Rolle während der Zeit des Nationalsozialismus ist unstrittig. So beschrieb er eine neue Form des "Vorgehens gegen asoziale Geschlechtskranke" und äußerte: "Die Ärzte dürfen sich nicht mehr damit begnügen, mit mehr oder weniger Erfolg die Behandlung eines Geschlechtskranken durchzuführen, sondern wir müssen aktiv das Übel an der Wurzel anpacken. Wir erkennen einen Feind und greifen ihn an, gleichgültig, wo wir ihn finden". Mit anderen Worten, der Patient wurde zum Feind "deklariert" und wurde er auch so behandelt. Schultze, der schon 1931 der NSDAP beigetreten war und sich gern mit seiner niedrigen Parteibuch-Nummer brüstete, kasernierte die Patienten zwangsweise in einem Arbeitslager: Die Dauer der Asylierung richtet sich je nach dem Vorleben. "Da die asozialen Geschlechtskranken klinisch ohne Erscheinungsbild sind, können sie alle arbeiten. Wir wollen die Arbeitsscheuen durch starke körperliche Inanspruchnahme auf andere Wege bringen, sie disziplinieren und dann auch auf andere abschreckend wirken."  Schultze wurde in Gießen im Jahre 1945 aus dem Amt entfernt. 1946 wurde Schultze aus allen Ämtern entlassen, konnte aber eine Privatpraxis eröffnen. Seit 1950 war er wieder als ordentlicher Professor in Gießen aktiv, bis er 1958 emeritiert wurde. Die Leitung der im Krieg schwer beschädigten Hautklinik übernahm von 1945-1949 sein früherer Oberarzt Hans Koehler.

Literatur
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  1. Weyers W (2002) Dermatologie im Nationalsozialismus - der Niedergang eines Fachgebietes. Schriften des Collegium Europaeum Jenense, Heft 25

Weiterführende Artikel (3)

Jesionek, Albert; Koehler, Hans; Spiethoff, Bodo;